Sinfonische Meisterwerke des 19. Jahrhunderts

Für seine beiden Konzertprogramme im Mai hatte Andris Nelsons drei der beliebtesten Sinfonien des 19. Jahrhunderts ausgewählt: Franz Schuberts »Unvollendete«, Anton Bruckners »Vierte« und Antonín Dvoraks Sinfonie »Aus der Neuen Welt«. So herrschte Spannung, wie der künftige Gewandhauskapellmeister diese oft gespielten Werke gestalten würde.

Kaum je war im Gewandhaus Schuberts »Unvollendete« so spannungsgeladen, so kontrastreich mit all ihren Klangwundern und Abgründen zu erleben. Nelsons entlockte dem Orchester mit suggestiver Kraft zarteste Tone, führte es mit beklemmenden Steigerungen zu bestürzenden Höhepunkten. Die Eindrücke waren so stark, dass sie am Ende des Konzerts mit denen der Sinfonie Bruckners weiter wirkten.

Im Unterschied zu den düsteren, bedrohlichen Posaunenklängen der »Unvollendeten« lässt Bruckner in der letzten Fassung seiner »Vierten« die Blechbläser in strahlendem Glanz ertönen. Und Nelsons ließ das in Verbindung mit dem warmen Klang der Streicher zum Ereignis werden.

Sein zweites Programm hatte der künftige Chef ganz Antonín Dvorak gewidmet. Mit dessen Sinfonie »Aus der Neuen Welt« demonstrierte er, wie beeindruckend er mit dem Gewandhausorchester im tschechischen Tonfall zu musizieren weiß. Das war vorher schon mit Arien und Liedern zu erleben, die die auf allen großen Opernbühnen in Europa und Amerika begehrte Sopranistin Kristine Opolais bezaubernd sang.

An allen sechs Abenden wurden der Dirigent, die Solistin und das Orchester stürmisch gefeiert.

W. W.

Der Beitrag ist erschienen auf LEIPZIGS NEUE Seiten im Juni 2017