Titus Schade: Der Kiosk

Titus Schade »Der Kiosk«, 2012, Öl und Acryl auf Leinwand, 100 x 170 cm, Privatsammlung Foto: Uwe Walter, Berlin/VG Bild-Kunst Bonn, 2018

Dimensionen

Von Lavinia Hudson

Titus Schade, Jahrgang 1984, Maler, Sohn des Giebichenstein-Kunstprofessors und erfolgreichen Grafikers Rainer Schade, hat an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (HGB) studiert und ist Meisterschüler von Neo Rauch.

Das von ihm in enger Zusammenarbeit mit der Bühnenbildnerin Marialena Lapata entworfene Bühnenbild für die Leipziger Inszenierung von Elfriede Jelineks »Wolken.Heim«, unter der Regie von Enrico Lübbe, ist Mittelpunkt der Ausstellung »Titus Schade. Plateau« im Museum der bildenden Künste (MdbK). Mdbk und Schauspiel setzen ihre Kooperation damit fort.

Das Gemälde »Der Kiosk« (2012) ist die Vorlage oder vielmehr die Inspirationsquelle für das Bühnenbild. Hübsch, wie der zweiten eine dritte Dimension hinzugefügt wurde, dank des Künstlers und der Bühnenbildwerkstatt. Das fertige Bühnenbild mit seiner Breite von mehr als zehn Metern funktioniert im Schauspiel Leipzig nicht nur wunderbar als Text und Intention des Jelinek-Stückes unterstützendes Element, sondern im Museum auch als begehbare, moderne Kunst-Installation. Aber nur in der Theatersommerpause. Danach wird es wieder im Schauspiel gebraucht.

Titus Schade arbeitet mit einem Bildkosmos, der sich aus Architektur und inszenierten Bildräumen zusammensetzt. In kulissenartigen, düster wirkenden, menschenleeren Szenerien entwickelt er Orte, die zwischen Modell- und Bühnensituation changieren. In Titus Schades Gemälden dominiert der konstruierte Bild­raum, der Wille zur absoluten Kontrolle des Bildes. Ein Leitmotiv des Künstlers ist das Fachwerk-Rautenmuster. Ein Heimatgrummeln, wie geschaffen für Elfriede Jelineks Bühnenabrechnung mit dem deutschen Mythos. Ich kann gut verstehen, dass der Intendant und Regisseur Enrico Lübbe und sein Chefdramaturg Torsten Buß hier eine Bühnentauglichkeit antizipiert haben.

Der Wechsel von der zweiten in die dritte Dimension funktioniert. Und wir haben die seltene Gelegenheit, ein Objekt sowohl in der bildenden als auch in der darstellenden Kunst zu bewundern. Am 29. und 30. November 2018 besteht wieder die Chance dazu, nämlich in der Spielstätte »Diskothek« des Schauspiel Leipzig. Dazwischen liegt die vierte Dimension.

Der Beitrag ist erschienen auf LEIPZIGS NEUE Seiten im September 2018