INTERFILM in Berlin

Foto: Daniel Merbitz

Kleine Filme, große Wirkung

Leipzig ist die Hauptstadt des Dokumentarfilms, Oberhausen das Mekka der Filmemacher und Berlin die Kapitale des antikapitalistischen Kurzfilms.

Das internationale Kurzfilmfestival »interfilm« beeindruckte im November 2018 zunächst mit Zahlen: sieben Tage, neun Spielorte, 400 Filme aus mehr als 60 Ländern in mehr als 50 Programmen, 20.000 Besucher und 700 akkreditierte Gäste aus aller Welt.

»Aus dem besetzten Haus in Punk-Kreuzberg auf die größten Leinwände der Mate-Mutti-Metropole«, so die Selbstbeschreibung auf dem knallgelben Festival-Flyer. Die 34. Ausgabe dieses Festivals hat bewiesen, dass sich Kunst, Politik und Phantasie auf Film bannen lassen und dies nicht nur immer auf Zelluloid oder Festplatte, sondern auch auf Fotopapier. Ein Film auf Fotopapier? Volker Gerling hat auf seinen Reisen zu Fuß durch Europa viele Menschen mit der Serienbildfunktion porträtiert und dann ein Daumenkino daraus gebastelt, welches mit Videoprojektor und Kinoleinwand präsentiert wird.

Das Festival lotet also auch die Grenzen des Genres aus, ermöglicht Austausch, Pausengespräche. Rotwein und rote Filme. Unkonventionell, hochpolitisch und doch schon ein klein wenig im Mainstream angekommen, denn hier kann man OSCAR-Nominierungspunkte sammeln. Von den Anfängen im wilden Westberliner Kreuzberg bis nach Hollywood im Hier und Heute. Eine beachtliche Karriere für ein alternatives Projekt. Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences in Los Angeles, die die begehrte goldene Trophäe vergibt, hat »interfilm« zum »Academy Qualifying Festival« gekürt. Die Gewinnerfilme »Best Fiction« und »Best Animation« werden damit ab sofort automatisch im Rennen um den OSCAR in den Kategorien »Live Action Short« und »Animated Short Film« berücksichtigt.

Damit reiht sich das »interfilm«-Festival neben Berlinale, Dok Leipzig, Trickfilm-Festival Stuttgart, Kurzfilmtage und Deutscher Kurzfilmpreis in die noch sehr überschaubare Gruppe OSCAR-relevanter Festivals in Deutschland ein. »Das ist eine großartige Nachricht«, so Festivaldirektor Heinz Hermanns, »zumal unsere Leidenschaft für außergewöhnliche Animationen und pointiert dramaturgisierte Spielfilme riesig ist«. Der von der Medienboard Berlin-Brandenburg mit 6000,– Euro dotierte Beste Film ging an die Suffkomödie »How it feels to be hungover« von Viktor Hertz aus Schweden. Sowohl der Preisgewinner Bester Spielfilm – die Flüchtlingstragödie »Dark Chamber« von Otto Banovits (Schweden / Ungarn) – als auch Beste Animation – die Fischparabel »Plankton« von Gustaf Lindstrom (England) – erzielten Punktsiege in Richtung OSCAR-Nominierung.

D. M.