Auerbachs Keller

Andreas Bretschneider (zugeschrieben; 1625): Faust’s Fassritt aus Auerbachs Keller. Malerei mit Tempera / Ölfarbe (?) auf einer aus drei Brettern montierten Nadelholztafel, 99 x 281 cm. Quelle: Auerbachs Keller

Alte Postkarte

Diese Bildpostkarte aus Auerbachs Keller war seit etwa 1895 in Gebrauch. Quelle: Archiv Weinkauf

Der älteste Ort der Gastlichkeit in Leipzig?

»Chronik von Auerbachs Keller« im Sax Verlag erschienen

Als Bernd Weinkauf 1996 seine Tätigkeit als »Haushistoriker« in »Auerbachs Keller« begann, wusste er, dass für ihn eine interessante Arbeit begann. 22 Jahre und Publikationen (z. B. »Gäste in Auerbachs Keller« und »Schatzkammer Auerbachs Keller: Festschrift zum Jubiläum; 475 Jahre Weinausschank in Auerbachs Keller / Auerbachs Keller«) später liegt eine interessante, reich bebilderte Chronik einer der ältesten Gaststätten Europas, zumindest in Leipziger Buchgeschäften in der Auslage.

Wie oben zu sehen, darf in der Chronik nicht der berühmte Fassritt des Dr. Faust fehlen. Weinkauf’s Forschungen geben Antwort zu vielen Fragen der Geschichte der berühmten Gaststätte. Einige Fragen bleiben unbeantwortet. Der Tatsache geschuldet, dass Wechsel in der Führung der Gaststätte sowie gesellschaftliche Veränderungen auch in der Erinnerungskultur Schatten werfen.

Ein Beispiel aus der Chronik (S. 40) »Um 1900 wurde in Auerbachs Keller eine Bildpostkarte angeboten und angesichts der auf Flohmärkten und Tauschbörsen noch immer reichlich vorhandenen Anzahl von Exemplaren auch massenhaft gekauft und versendet. Auf der Karte, schwarz-weiß auf Pseudobüttenkarton gedruckt, ist Faust abgebildet. Beweiskräftig steht unter dem Porträt eines misslaunig dreinschauenden, langhaarigen und spitzbärtigen Mannes mit welschem Kragen und im Pelz: 1713 Nach einem Originalbild aus Auerbachs Keller. Die kleine Schrift über Auerbachs Keller von 1854 verweist darauf, dass man im Goethe-Keller beim Eintreten ›zur Rechten ein kleines Wandschränkchen« erblickt, »welches einen Holzschnitt, das Bildniß des Dr. Faust darstellend vom Jahre 1713‹ zeigt. Auf einer Fotografie von 1906 ist dieses Original, gerahmt und schräg an einer Säule hängend, noch gut zu erkennen. Vorhanden ist das Bild in Auerbachs Keller noch immer, aber es liegt im Tresor. Als hier im Frühjahr 1996 nach einem Konkurs ›aufgeräumt‹ worden ist, konnte niemand dieses alte Porträt, das auf schwarzes Papier aufgeklebt war und worunter jemand vor langer Zeit schön ›Faust‹ geschrieben hatte, in seiner Bedeutung erkennen. Also landete es auf einem Haufen Müll. Der neue Wirt, ein ausgewiesener Goethe-Verehrer und Faust-Freund, hat es dort entdeckt und intuitiv gerettet. Als er erfuhr, dass dieser ›historische Faust‹ gar keiner ist, war er enttäuscht, aber er nahm das Bild aus Ehrerbietung zu sich in sein Büro.«

Am Rande bemerkt. Mir bestätigte ein ehemaliger Mitarbeiter aus »Auerbachs Keller«, dass auch 1989/90 sehr viel Porzellan (teilweise unbenutzt) einfach in den Abfall geworfen wurde. Die neuen Inhaber hatten scheinbar kein Interesse und sahen vielleicht nur die damals möglichen Steuerabschreibungen.

Zurück zum Originalbild. Dank Bernd Weinkaufs Recherchen wissen wir heute, wer als Faust herhalten musste. Es ist der Theologieprofessor Georg Weinrich (1554–1617), der mehrfach zum Rektor der Leipziger Universität gewählt wurde.

Ralf Fiebelkorn

Bernd Weinkauf: »Chronik von Auerbachs Keller« Sax Verlag, Beucha und Markkleeberg. 180 Seiten, 19,90 Euro. ISBN 978-3-86729-206-1

Der Beitrag ist erschienen auf LEIPZIGS NEUE Seiten im Februar 2019