DDR-Briefmarke mit C. M. v. Weber und dem Freischütz

DDR-Briefmarke von 1986

»Der Freischütz« in einer Schenke

Von Werner Wolf

Bis in die 1970er Jahre gehörte Carl Maria von Webers »Freischütz« neben Mozarts »Zauberflöte« zu den beliebtesten und meistgespielten deutschen Opern. Seither trauen ihm vor allem Vertreter des Regietheaters nicht mehr, warten mit neuen Lesarten und Sichtweisen auf. So ließ Guy Joosten das Werk 2003 in Leipzig völlig entstellt im Schlachthaus und im Bordell vorführen.

Nun zeigen es Christian von Götz (Regie), Dieter Richter (Bühnengestaltung) und Uschi Kudrna nach dem Ende des Ersten Weltkrieges nicht am und im Wald spielen, sondern in einer Schenke und in kahlen, nüchtern anmutenden Zimmern. Die Regie folgt zwar weitgehend den textlichen Vorgaben Webers läuft aber an der vielgestaltigen, farbenreichen Musik mit ihren harmonischen Kühnheiten und ihrer neuartigen Instrumentation vorbei.

Die dennoch starken Eindrücke der Aufführung bleiben vor allem den Solisten, dem Chor und dem von Christoph Gedschold feinsinnig geleiteten Gewandhausorchester zu danken. Thomas Mohr singt als Max glanzvoll, allerdings wenig nuanciert. Innig und berührend gestaltet Gal James die Partie der Agathe. Maria Hinterdobler sorgt als Ännchen mit naiv-keckem Spiel und taufrischem Gesang für Auflockerung der Szenen mit Agathe. Tuomas Pursio fasziniert als dämonischer Gegenspieler des Max. Beeindruckende Leistungen sind auch in weiteren Partien zu erleben.

Der Beitrag ist erschienen auf LEIPZIGS NEUE Seiten im April 2017