Die Kuratoren der Ausstellung

Kuratorenteam in der Ausstellung vor Arno Rinks Gemälde »Terror«. Foto: LNS

Junge Generation trifft DDR-Malerei

Von Lavinia Hudson

Was heißt das nun? Die Ausstellung »DDR auf Wänden – Junge Perspektiven auf die Malerei nach 1949« im Museum der bildenden Künste wurde durch 16 Schülerinnen und Schüler des Kunstkurses der zehnten Klasse der 35. Oberschule der Stadt Leipzig entwickelt und umgesetzt. Sie waren es, welche die Regiearbeit der Ausstellung übernahmen. Die jungen Kuratoren standen nun vor einer völlig neuen Aufgabe, denn die Themenfindung, das Ausstellungskonzept, die Werkauswahl aus den Beständen des Museums sowie die Kommentierung der Gemälde bis hin zur Präsentation und Vermittlung lag allein in ihren Händen. Diese jungen Schüler, welche in einer mediendominierten Welt heranwachsen, geprägt von Smartphone und Tablet-Computer, sind nun mit dieser Form der Kooperation und des Unterrichts vor völlig neue Herausforderungen gestellt. Natürlich ist es auch einem engagierten Museumsteam, einem Direktor und einer engagierten Kunstlehrerin, welche noch an ihre Schüler glauben, zu verdanken, dass diese Ausstellung so gelungen ist.

Diese engagierten und motivierten Schüler waren bei dieser Ausstellung federführend und nicht wie sonst üblich die Museumsmitarbeiter. Das Leitmotiv dieser Kooperation ist der konstruktiv-kritische Blickwechsel, der bei solch einem Projekt in unterschiedlicher Sichtweise auftreten kann. Im Brennpunkt dieser Ausstellung stand, die junge Generation an eine Malerei heranzuführen, die außerhalb ihrer jetzigen Lebenswirklichkeit agiert. Mit ihren unbefangenen Blicken soll die spezielle Bildsprache der DDR-Malerei aufgearbeitet werden: Eine Grauzone zwischen kunstpolitisch geprägten Vorgaben und privater Zurückgezogenheit, zwischen Agitation und versteckter Kritik. Natürlich ist mit dieser Art der Ausstellung der Bildungsauftrag des Museums im besten Sinne als einem außerschulischen Lernort in vollem Maße erfüllt. Mit dieser Art der Kooperation eines ungewöhnlichen Projektes zwischen Schule und Museum ist es auf praktische Art und Weise möglich, den Kunsterziehungs-, Geschichts- und Ethikunterricht miteinander zu verbinden. Nicht nur, dass die Schüler das Museum als Ort des Wissens, der Bildung und der Kunst wahrnehmen und erleben: auch ihre Kompetenzen in Hinsicht auf ihre ästhetischen Fähigkeiten bei der Auswahl und Hängung der Bilder und der Teamarbeit sind gefordert.

Die Zeitspanne der ausgestellten Bilder umfasst einen Zeitrahmen von 1949 bis 1989. Ein nicht zu unterschlagener und spannender Aspekt ist hierbei, dass die Jugendlichen mit dem Geburtenjahrgang 2000/2001 zu der Zeit, als die Bilder gemalt wurden, noch nicht einmal geboren waren. Daher war es wichtig, dass die Schüler-Kuratoren in einen Dialog mit Erwachsen treten, um deren Erfahrungs- und Wissenshorizont zur DDR erfragen. Auch die historischen Entwicklungen sollen nicht außeracht gelassen werden. Die in der damals real existierenden DDR lebenden und arbeitenden Künstler Sighard Gille und Lutz Dammbeck verhalfen den jungen Ausstellungsmachern zu einem unmittelbaren Zugang zur Kunst und Gesellschaft früherer Tage. Das Museum als Bildungsinstitution! Es stellt einen Ort des Erinnerns dar. Somit wird ein Bogen zwischen den Erwachsenen und der jungen Generation geschlagen, welche mit einem unbefangenen Blick versucht, die Bildsprache der DDR-Malerei zu ergründen. Ein Dialog der Generationen im Spannungsfeld verschiedener Sichtweisen auf das Leben in der DDR, einem untergegangenen Land, welches die Jugendlichen nur noch aus dem Geschichtsunterricht und aus Erzählungen kennen. In vier thematischen Kapiteln »Alltag-Arbeit-Freizeit«, »Stadt-Land-Industrie«, »Liebe-Lust-Geborgenheit« und »Sehnsucht-Freiheit-Macht« präsentierten die Schüler 41 Gemälde von 29 Künstlern u.a. vom Wolfgang Mattheuer, Arno Rink, Willi Sitte und Wolfram Ebersbach. Ein großes Lob an die Schülerinnen und Schüler der 35. Oberschule für die sehr gelungene Ausstellung!

Der Beitrag ist erschienen auf LEIPZIGS NEUE Seiten im April 2017