Leipziger Bildermuseum

Das Museum der bildenden Künste in Leipzig im Januar 2018 Foto: Daniel Merbitz

Baustelle DDR-Kunst

Von Daniel Merbitz

Wie gehen die Museen heute mit der Kunst aus der DDR um? Da gibt es nicht die eine Antwort. In der Dresdner Galerie Neue Meister soll sie schamhaft versteckt worden sein, was im Herbst des letzten Jahres zum »Bilderstreit« geführt hat. Die kulturelle Abrissbirne schwingt und hat die DDR-Kunst umgehauen?

Hilke Wagner, Direktorin des Albertinum der Staatliche Kunstsammlungen Dresden zeichnet ein differenziertes Bild: »Gerade im Augenblick könnte ich den Vorwurf nachvollziehen, denn die aktuelle Sonderausstellung präsentiert mit Carl Lohse einen Expressionisten, der in der DDR trotz aller Bemühungen nicht reüssieren konnte, doch dafür zeigen wir im Sommer, wenn die Leihgaben zurückkehren, Kunst in der DDR geballt. Dann wird der Bestand zu sehen sein, den viele mit den Exponaten der DDR-Kunstausstellungen verwechseln.«

Und Vorbehalte in der Museumsleitung gegenüber DDR-Kunst? »Nein, aber mir gefällt die Bezeichnung DDR-Kunst nicht. Ich bin überzeugt, dass sich die meisten Künstler, die zwischen 1949 und 1989 in Ostdeutschland gewirkt haben, weniger über Staatsgrenzen als über Inhalte definiert haben«, ist Hilke Wagner überzeugt. Aber vielleicht liegt etwas in der Tiefe verborgen.

Sind Mattheuer, Tübke, Heisig und Sitte heute unerwünscht? Eine klare Antwort von Hilke Wagner: »Nein, aber man darf die Kunstszene der DDR auch nicht auf diese altbekannten Größen reduzieren.«

(Hier gibt es das komplette Interview mit Hilke Wagner.)

Ortswechsel. Dabei kann man mit DDR-Kunst Häuser füllen wie das Potsdamer Museum Barberini mit der Sonderausstellung »Hinter der Maske. Künstler in der DDR« beweist. Über 100 Werke von 80 Künstlern zeugen von einem selbstbewussten Umgang mit dem künstlerischen Erbe einer verschollenen Welt.

Angereichert mit den Gemälden aus dem Palast der Republik, die seit über 20 Jahren zum ersten Mal wieder der Öffentlichkeit gezeigt werden, weitet sich der Horizont. Fritz Cremer, Bildhauer und Vizepräsident der Akademie der Künste und 1973 zum Leiter des künstlerischen Planungsstabes berufen, hat Künstler eingeladen, die Palast-Galerie unter dem Motto »Dürfen Kommunisten träumen?« zu gestalten.

Betrüblich stimmt allerdings, dass im Museum Barberini wenig Sorgfalt auf die wissenschaftliche und kuratorische Aufbereitung für die Öffentlichkeit gelegt wird, willkürlich werden Werkgruppen gebildet, eine zeitliche Ordnung und Orientierung im Sinne eines roten Fadens fehlt völlig. Viele schöne DDR-Gemälde, aber kuratorisch leider ein Desaster. Viele bunte Steine, aber ein Haus wird nicht draus.

Skurril ist außer dem das nett vorgetragene Verbot, unter Hinweis auf die Hausordnung, mit Kugelschreiber im Museum Notizen zu machen. Dafür gibt es einen geschenkten Bleistift und der darf festhalten, dass Prominente und Normalsterbliche das Museum an die Kapazitätsgrenze gebracht haben, Sorgen, über die sich andere Häuser freuen würden und die eigentlich bestärken sollten, dass mit DDR-Kunst doch Staat zu machen ist, auch wenn es Kunst aus einem untergegangenen ist.

Wechseln wir wieder den Ort. Wie sieht es im ersten Haus am Platze in Leipzig aus? In der Dauerausstellung des Museums der bildenden Künste ist Bernhard Heisig präsent mit »Als ich die Völkerschlacht malen wollte« (1984), Werner Tübke mit »Lebenserinnerungen des Dr. jur. Schulze VII« (1966/67), Wolfgang Mattheuer mit »Das tragische Ende eines Unerkannten« (1971), Willi Sitte mit »Akt vor dem Spiegel« (1955) und Hans Grundig mit »Opfer des Faschismus« (1946). Doch damit gibt sich der neue Museumsdirektor nicht zufrieden. Alfred Weidinger betont gegenüber LNS: »Im gesamten Tiefgeschoss wird im Laufe der nächsten eineinhalb Jahre eine Dauerausstellung zum Thema Kunst aus Sachsen von Max Beckmann über die Leipziger Schule bis zur Gegenwart eingerichtet. Die DDR-Kunst ist Teil dieser Reise durch die Kunstgeschichte auf 1500 Quadratmetern. Dies gehört zur Basisausstattung des Hauses.« Die Kunstbaustelle wird mit Tatkraft angegangen und draußen lagert der Bauschutt. Das vollständige LNS-Interview mit Hilke Wagner, Direktorin des Albertinum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, kann nachgelesen werden auf: www.leipzigs-neue.de

Der Beitrag ist erschienen auf LEIPZIGS NEUE Seiten im Februar 2018