Olena Tokar in »Rusalka«

Oper Leipzig, Olena Tokar in »Rusalka« Foto: Kirsten Nijhofar/Oper Leipzig

»Rusalka« im schwarzen Loch

Von Werner Wolf

Mit seinem Lyrischen Märchen »Rusalka« schuf Antonín Dvorák fraglos die ergreifendste und schönste Oper des ausgehenden 19. Jahrhunderts.

Die Fabel dieser Märchenoper erscheint denkbar einfach. Eine der im Wasser lebenden Nixen – im slawischen Sprachbereich Rusalka genannt – sehnt sich nach Liebe und einer menschlichen Seele. Bei einem am Seeufer erscheinenden Prinzen glaubt sie Erfüllung zu finden, wird aber bitter enttäuscht. Doch Antonín Dvorák und sein Textdichter Jaroslav Kvapil entfalten das in einem vielgestaltigen Geschehen. Vorallem lässt der Komponist das reiche, empfindungstiefe Gefühlsleben der einfachen Wesen und die vielfältigen Naturstimmungen wundersam farbenreich tönen. Er entlockt Wagners Bayreuther Orchesterbesetzung eine ganz eigene, aus der heimischen Natur und Volksseele erwachsene Klangwelt.

Wenn dieses Geschehen gesanglich und orchestral so überzeugend wie in der Oper Leipzig erklingt, fesselt es die Theaterbesucher vom ersten Takt an. Vor allem Olen Tokar entfachte mit ihrer kultivierten, nuancenreichen und ausdrucksstarken Gestaltung Beifallsstürme. Nächst ihr wurde das von Christoph Gedschold feinsinnig geleitete Gewandhausorchester für seine farbenreiche, ausdrucksdichte Gestaltung gefeiert. Aber auch alle anderen Solisten und der Chor überzeugten: Kathrin Göring als Fremde Fürstin, Peter Wedd als Prinz, in der hier besprochenen zweiten Aufführung Vladimir Baykov als Wassermann, Susan Maclean als Jezibaba und Weitere.

Probleme bereiten die Inszenierung und Bühnengestaltung Michiel Dijkemas. Nach der schwarzen Bühnenausstattung Markus Meyers in Verdis »Don Carlos« zeigt er, dass die große Bühne in ein schwarzes Loch verwandelt werden kann. Der Lichtdesigner Michael Fischer bleibt zu bewundern, wie er die Akteure dennoch in wenige Lichtstrahlen rücken kann. Von den Naturstimmungen, die sich im Farbenreichtum der Musik spiegeln, bleibt kaum etwas zu sehen. Doch die Opernbesucher waren offensichtlich vom musikalischen Geschehen so beeindruckt und machten sich ihre eigenen Bilder.

Der Beitrag ist erschienen auf LEIPZIGS NEUE Seiten im Februar 2018