Lana Shuganova

Designerin Lana Shuganova im Gespräch Fotos: Daniel Merbitz

Mode als Waffe

Lana Shuganova im LNS-Interview

Sie betreiben ein junges Mode- und Design-Start-up in Berlin. War Leipzig keine Option?

Nach meinem Umzug nach Deutschland ist Berlin zu meiner neuen Heimat geworden. Somit war Leipzig leider nie eine Option für mich. Obwohl ich die Atmosphäre in Leipzig sehr schätze, spiegelt Berlin für mich, wie keine andere deutsche Stadt, ein multikulturelles Gefühl von Freiheit, welches mich bei meiner Arbeit inspiriert. Zudem ist Berlin die deutsche Fashion- und Start-up-Stadt schlechthin. Mit der Berliner Fashion Week und auch anderen Mode-Initiativen haben junge Designerinnen und Designer immer wieder die Chance auf sich aufmerksam zu machen. Dennoch ist der Berliner Fashion Start-up-Markt hart umkämpft, bietet jedoch immer die Möglichkeit schnell enge und nachhaltige Kontakte zu anderen Designern, Stylisten, Fotografen, usw. zu knüpfen. Nichtsdestotrotz ist Leipzig für mich irgendwie wie das kleine Berlin. Viele Kreative aus der ganzen Welt zieht es dorthin. In meinen Augen kann es einer Stadt nur gut tun.

Mode und Design ist auch eine Frage der Kultur und spiegelt Epochen, Macht und Gesellschaftsordnungen wider. Wie politisch ist Ihre Mode?

Meine Mode war und ist nie politisch motiviert. Im Gegensatz zur Politik, hat Mode für mich keine Grenzen, keine Zwänge, keine Mauern oder gezielte Meinungsmache. »Es gibt nur eine einzige Person auf der Welt, die genau weiß, was du brauchst. Diese Person bist du selbst.« – nach diesem Motto gründete ich das Berliner Designlabel SOOFRE. Der Name steht für »Sort of Revolution« und wir vertreten ein Konzept, welches es Kundinnen weltweit ermöglicht, sich exklusiv ihre perfekte Tasche zu designen. Frei von jeden Zwängen und mit der Kraft der eigenen Kreativität zum eigenen Design, denn in jedem Menschen steckt ein Gestalter, der so sein eigenes Design, seine eigene Marke und seine Zukunft kreieren kann. Obwohl ich in Weißrussland aufgewachsen bin, haben mich meine Eltern sehr multikulturell und weltoffen erzogen. Wenn ich jetzt so auf die europäische Politiklandschaft schaue, wünsche ich mir etwas von dieser Weltoffenheit in dem einen oder anderen Politiker-Kopf.

Früher in der DDR hieß es »Kunst ist Waffe« (Friedrich Wolf). Kann Mode heute noch überhaupt Waffe sein und wenn gegen was oder wen? Gegen Konventionen? Gegen Vorurteile?

Selbstverständlich kann Mode als Waffe eingesetzt werden. Eine Waffe gegen Hungerlöhne, Kinderarbeit und jegliche Art der Ausbeutung. Eine Waffe gegen Rassismus, Unterdrückung und Umweltzerstörung. Eine Waffe gegen … diese Liste könnte man ewig fortsetzen. Früher waren es bedeutende Persönlichkeiten wie eine Marlene Dietrich, eine Coco Chanel oder ein Yves Saint Laurent, die Moderevolutionen ohne Gewalt auslösen. Heute sehe ich große Konzerne in der Pflicht. Diese müssen nachhaltiger und fairer in ihrem Handeln werden, denn im Gegensatz zu kleinen Fashion Start-ups wie wir es sind, haben sie die Möglichkeiten und die Macht etwas schneller und wirksamer in dieser Welt zu bewegen. Bei allen unseren Produkten achten wir sehr darauf, dass die Arbeitsbedingungen stimmen und jede Person, die an der Herstellung beteiligt ist, mehr als fair bezahlt wird. Auch deshalb haben wir uns bei SOOFRE bewusst gegen die Massenproduktion in Asien entschieden und kalkulieren dementsprechend unsere Preise.

Bekommen die Start-Ups auch die Gentrifizierung zu spüren?

Ich denke, dass die Gentrifizierung zum Teil auch von gehypten und von Investoren mit Geld überschütten Start-ups mitgestaltet wurde. Schicke Büros in angesagten Stadtbezirken kommen nicht von ungefähr. Und wer muss dem weichen? Natürlich ist es die dort ansässige Bevölkerung. Als junges und inhabergeführtes Start-up ohne Investoren-Background, kannst du es dir mittlerweile auch nicht mehr leisten ein Ladengeschäft in einer vernünftigen Lage mit Laufkundschaft zu eröffnen. Pop-up-Flächen mit einer Tagesmiete von mehreren hundert Euro sind an der Tagesordnung. Das ist leider die Realität in Berlin.

Vielen Dank und alles Gute!

Interview: Daniel Merbitz

Der Beitrag ist erschienen auf LEIPZIGS NEUE Seiten im Oktober 2018

Lana Shuganova und ihr Team

Designer, Freunde und Team bei der Präsentation des Start-Ups im Rahmen der Fashion-Week 2018 in Berlin