Angehörige der Familien Ansin, Thormann, Laubinger und Steinbach Straßenszene Paar-Porträt Paar

Hanns Weltzel: Angehörige der Familien Ansin, Thormann, Laubinger und Steinbach Mitte der 1930er Jahre in Dessau-Roßlau

»… vergiss die Photos nicht, das ist sehr wichtig«

Verfolgung mitteldeutscher Sinti und Roma im Nationalsozialismus /  Von Dr. Volker Külow

Zwischen 1932 und 1939 fotografierte Hanns Weltzel mitteldeutsche Sinti und Roma in Dessau-Roßlau. Der in Roßlau lebende Fotojournalist pflegte freundschaftliche Beziehungen zu den Familien, die auf ihren Handelswegen regelmäßig nach Anhalt kamen. 1417 datiert die erste Erwähnung von Sinti in Magdeburg, die Jahrhunderte zuvor ihre Heimat Indien verlassen hatten. Roma kamen zumeist erst im 19. Jahrhundert in den deutschsprachigen Raum.

Hanns Weltzel veröffentlichte bis 1935 Artikel über Sinti und Roma in der Anhaltischen Presse. Zudem stand er mit der »Gypsy Lore Society«, deren Sitz sich in Liverpool befand, im Kontakt und schrieb Artikel für deren Journal. So gelangten erste Fotografien nach Liverpool. Der Bestand von ca. 200 Fotografien befindet sich heute in der Bibliothek der Universität Liverpool. Es handelt sich um einzigartige Fotografien von Männern, Frauen und Kindern, die wenige Jahre nach den Aufnahmen fast alle dem Genozid zum Opfer fielen. Sie zeugen von gegenseitigem Respekt zwischen den Fotografierten und dem Fotografen und unterscheiden sich deutlich von Abbildungen der nationalsozialistischen Propaganda gegen Sinti und Roma.

Wer waren die von Weltzel Fotografierten und was geschah mit ihnen? Diesen Fragen sind Prof. Eve Rosenhaft von der Universität Liverpool und Jana Müller vom Alternativen Jugendzentrum Dessau in Archiven nachgegangen. Unterstützung erfuhren sie dabei auch von Nachfahren überlebender mitteldeutscher Sinti, die nach 1945 vor allem in Niedersachsen eine neue Heimat fanden.

Die Ausstellung »›…vergiss die Photos nicht, das ist sehr wichtig…‹ – Die Verfolgung mitteldeutscher Sinti und Roma im Nationalsozialismus« dokumentiert die Lebens- und Leidenswege der Familien Laubinger, Lauenburger, Thormann, Stein, Steinbach und Ansin. Im Fokus der Veröffentlichungen von Hanns Weltzel hatte vor allem die Familie von Galie und Josef Laubinger, die ab November 1931 in Leipzig gemeldet war, gestanden. Ihre letzte Wohnadresse vor der Deportation nach Auschwitz befand sich in der Leipziger Innenstadt. Auch über Erna Lauenburger, die bekannte Romanfigur Unku, die Hanns Weltzel mehrfach in Dessau-Roßlau ablichtete, berichtet die Ausstellung.

Die Ausstellung wird vom 28. August bis 6. September 2019 im Ballsaal des Felsenkellers gezeigt.

Mit einer Kampagne soll ein angemessenes Rahmenprogramm für die Ausstellung realisiert werden:
www.visionbakery.com/ausstellung-hanns-weltzel

Der Beitrag ist erschienen auf LEIPZIGS NEUE Seiten im Juli 2019