Porträt w''einer Wolf

Werner Wolf 2005 Foto: Gerhard Märker

Trauer um Werner Wolf

Zu unserem tiefsten Bedauern ist der Leipziger Musikwissenschaftler Werner Wolf am 23. Dezember 2019 im Alter von 94 Jahren gestorben.

»So jugendfrisch, wie du mit dem Fahrrad in die LN-Redaktion preschst, um deine neueste Rezension abzuliefern und dich über die Leipziger Musikszene zu freuen oder aufzuregen, da ist uns nicht bange: Du machst die 100 voll! Deine Freunde von LEIPZIGS NEUE« – So gratulierte ihm unsere Redaktion in der Märzausgabe des Jahres 2005 zum 80. Geburtstag.

Geboren am 15. März 1925 in Grüna bei Chemnitz sollte sich sein Leben der Musik widmen: Auch seine A-Promotion (1968) »Richard Wagners geistige und künstlerische Entwicklung bis zum Jahre 1848: Untersuchungen an Wagners Briefen, Schriften und Werken« und seine B-Promotion (1978) »Beiträge zur Darstellung der geistigen und künstlerischen Entwicklung Richard Wagners nach 1848« haben ihn zum international anerkannten Experten zum Leben und Wirken von Richard Wagner gemacht. Die letzten Jahre hat er neben seiner Rezensententätigkeit für LEIPZIGS NEUE SEITEN vor allem auch der Überarbeitung seiner A- und B-Promotion gewidmet.

Jetzt ist seine wichtige Stimme verstummt. Die Musikwelt wird seinen Sachverstand, seine detailreiche Kenntnis vermissen. Auch seine historisches Wissen, seine Anekdoten waren legendär, so kannte er noch einen Gewandhausmusiker, der bei der ersten Konzertreise des Gewandhausorchesters in die Schweiz im November 1916 mitten im Ersten Weltkrieg mit dabei war: »Gewandhauskapellmeister Arthur Nikisch war es sogar gelungen, für die 14 zum Kriegsdienst eingezogene Musiker Urlaub zu erwirken, um die Vorkriegsstärke des Orchesters zu haben. Der damalige, von Arthur Nikisch hochgeschätzte, 1964 im 100. Lebensjahr gestorbene Solo-Oboist Alfred Gleißberg schwärmte noch an seinem 95. Geburtstag in einer Runde alter Musikerkollegen, an der ich als Berichterstatter teilnehmen konnte, welch einzigartiges Ereignis diese Reise in das friedliche Land für die Musiker war.«

Werner Wolf hat Jahrzehnte als Musikkritiker, u.a. für die LVZ gewirkt. Auch für LEIPZIGS NEUE war er seit Anbeginn »unser« Konzert- und Opernexperte. Zuverlässig hat er geliefert, hat oft auch bis in die späte Nacht, manchmal bis in die Morgenstunden hinein geschrieben, um pünktlich drucken zu können. Als Mensch war er immer sehr bescheiden, höflich und freundschaftlich und mochte kein »Aufhebens« um seine Person. Von ihm habe ich viel lernen können, wie man Rezensionen schreibt, wie wunderbar weit die Welt der klassischen Musik ist. Mit Freude erinnere ich mich an das von Werner Wolf, gemeinsam mit dem Felsenstein-Schüler und Regisseur des legendären Leipziger Rings, Joachim Herz, veranstaltete Seminar zum »Ring des Nibelungen« an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig. Er konnte immer seine Begeisterung für Oper und Konzert mit den Menschen teilen. Werner Wolf schärfte mir ein: »Repertoirekenntnis, Repertoirekenntnis, Repertoirekenntnis!«

Werner, wir werden Dich vermissen!

Im Namen der Redaktion von LNS
Daniel Merbitz

Der Beitrag ist erschienen auf LEIPZIGS NEUE Seiten im Februar 2020