Krochhochhaus

Augustusplatz, Konfektionshaus Bamberger und Hertz, Krochhochhaus, Dresdner Bank, um 1930, Foto: Atelier Hermann Walter © Stadtgeschichtliches Museum Leipzig

Schwaches Foto-Doppel

Von Lavinia Hudson

Was wollen die zwei Fotografie-Ausstellungen im Neubau Böttchergäßchen des Stadtgeschichtlichen Museum uns eigentlich sagen?

Die eine firmiert unter dem sperrigen Titel »Silber auf Glas. Leipzig-Fotografien« (bis 19. April 2020) und zeigt 280 Fotografien aus dem Archiv des Fotoateliers Hermann Walter aus den Jahren 1913 bis 1935. Die andere, kleinere, im Keller befindliche, heißt »Neues aus Beton und Stahl« (bis 17. Mai 2020) und präsentiert lustlos Industriefotografie.

Beginnen wir mit der Kellerausstellung: Der Untertitel »Industriefotografien der 1920er Jahre in Sachsen« scheint fast zu hoch gestapelt, sind es doch Werbeaufnahmen des Fotoateliers Hermann Walter für die Leipziger Stahlbetonfirma Max Gotthilf Richter. Die Richtschnur ist somit die Willkürlichkeit, die Zufälligkeit der Auftragsgenerierung dieser Baufirma in den Jahren 1912 bis 1934. Die Papierfabrik in Lunzenau ist unter anderem zu sehen, ebenso wie die Kupferkuppel des Sudhauses der Brauerei Sternburg. Eines an sich schon Gähnen auslösendes Thema wird extra langweilig aufbereitet. Aber irgendetwas musste das Museum wohl abliefern zum offiziell ausgerufenen »Jahr der Industriekultur Sachsen 2020«.

Nun zu »Silber auf Glas«. Hauptsächlich ist Architekturfotografie zu sehen, dazu etwas Reportagefotografie, zum Beispiel die rückkehrenden Truppen im Jahr 1919 und die Barrikaden des Kapp-Lüttwitz-Putsches 1920, dazu etwas Privatleben aus den Salons und dem Zoo. Die Architekturaufnahmen erlauben mit ihren Details eine kleine, bescheidene Reise in die Vergangenheit: alte Straßenbahnen, alte Autos …

Am Rande: Der berühmte Leipziger Stadtfotograf Hermann Walter starb bereits 1909, hat also mit den ausgestellten Fotografien nur insoweit etwas zu tun, als dass sein Sohn und sein Schwager unter dem erfolgreich eingeführten Namen das Atelier weiter betrieben.

Es fehlt bei beiden Ausstellungen der rote Faden. Und anscheinend hat sich auch niemand gefragt, wie man ein jüngeres Publikum anspricht. Mit der Bezeichnung »Silber auf Glas« kann ein Laie heute nix mehr anfangen. Vielleicht hat man auch nur ins Depot geschaut, womit man schnell und kostengünstig eine Ausstellung zimmern könnte. Vielleicht sollte dies die subtile und richtige Botschaft sein: Mehr Geld für die Ausstellungsetats der Museen!

sudhaus der Brauerei Sternburg

Leipzig-Lützschena, Konstruktion der Kupferkuppel des Sudhauses der Brauerei Sternburg, 11. August 1927, Foto: Atelier Hermann Walter © Stadtgeschichtliches Museum Leipzig

 

Papierfabrik Wilhelm Vogel Lunzenau

Lunzenau, Papierfabrik Wilhelm Vogel, 25. Juni 1927, Foto: Atelier Hermann Walter © Stadtgeschichtliches Museum Leipzig