Der am 5. September 1915 in Dresden als Sohn eines Buchdruckers geborene Horst Sindermann gehörte zur Partei- und Staatselite der DDR. Vor 1933 als Mitglied des Kommunistischen Jugendverbandes Deutschlands organisiert, war er ab 1933 im illegalen antifaschistischen Widerstand tätig. Er wurde mehrfach verhaftet und 1935 zu sechs Jahren Zuchthaushaft verurteilt. 1935-1941 war er in Waldheim in Einzelhaft. Danach in »Schutzhaft« im KZ Sachsenhausen, KZ Mauthausen und zuletzt bis Mai 1945 im KZ Ebensee.
1945 wurde Horst Sindermann Mitglied der KPD und 1946 der SED. 1945-1947 war er Chefredakteur der »Sächsischen Volkszeitung« in Dresden bzw. der »Volksstimme« in Chemnitz, anschließend bis 1949 1. Sekretär der SED-Kreisleitung Chemnitz bzw. Leipzig. 1950-1953 wiederum als Journalist tätig, wurde er nunmehr Chefredakteur der »Freiheit« in Halle, bevor er 1954-1963 mit der Leitung der Abteilung Agitation im ZK der SED beauftragt war. Dem folgte 1963-1971 die Ausübung der Funktion des 1. Sekretärs der SED-Bezirksleitung Halle. Da er in Auslotung seiner Spielräume als 1. Bezirkssekretär es verstand, sehr selbst- und machtbewusst unter den Bedingungen der Planwirtschaft bestimmte Tabus zu kaschieren, hieß es in dieser Zeit oftmals: Sindermann macht’s möglich! Er war bei vielen Menschen, nicht nur im Bezirk Halle, ein geachteter Partei- und Staatsfunktionär, der das Gespräch mit der Bevölkerung suchte.
In den Jahren 1971–1976 war Sindermann, der von 1963 bis 1989 der Volkskammer der DDR angehörte, stellv. Vors. bzw. Vorsitzender des Ministerrates der DDR und von 1976 bis 1989 Präsident der Volkskammer. Letzteres war jedoch de facto eine Degradierung Sindermanns, der den Sowjets, die offensichtlich an seinem Funktionswechsel Anteil hatten, in seiner pragmatischen, experimentierfreudigen und offenen Art nie ganz geheuer war.
Zu den ausgeübten Parteifunktionen gehörten die Mitgliedschaft im ZK der SED (1963–1989) sowie die Zugehörigkeit zum Politbüro der Partei (1967–1989). Der Brief von Mitgliedern und Kandidaten des SED-Politbüros an die KPdSU (L. I. Breschnew) vom 21. Januar 1971, der mit drastischen Worten die Unterstützung zur Ablösung Walter Ulbrichts von der Funktion des 1. Sekretärs des ZK der SED noch vor dem VIII. Parteitag erbat, trug auch die Unterschrift Sindermanns.
Als am 3. Dezember 1989 das ZK und das Politbüro geschlossen zurücktraten, hatte zuvor das ZK Erich Honecker, Horst Sindermann und weitere zehn Mitglieder ausgeschlossen. Der Außerordentliche Parteitag im Dezember 1989 warf Sindermann und weitere Genossen aus der SED. Gegen ihn und 13 ehemalige Spitzenfunktionäre wurden in der BRD Ermittlungsverfahren geführt und zeitweilige Untersuchungshaft angeordnet. Horst Sindermann, der im Januar und Februar 1990 in Haft war und dessen Entlassung aus gesundheitlichen Gründen erfolgte, verstarb am 20. April 1990 in Berlin.
Der Beitrag ist erschienen in LEIPZIGS NEUE im August 2015.
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