Nicht jeder der ihn kannte, wusste von seinem schwierigen politischen Lebensweg, der eng mit der Entwicklung der deutschen Arbeiterbewegung und der Situation in der Sowjetunion verbunden war.
Paul Böttcher, am 2. Mai 1891 in Leipzig geboren und von Beruf Schriftsetzer, stand seit 1908 an der Spitze der sozialistischen Jugendbewegung seiner Geburtsstadt. Als Mitglied der SPD, deren linkem Flügel er von Anbeginn angehörte, wurde er 1914 hauptamtlicher Jugendsekretär der hiesigen Gewerkschaft. Er stand als Gegner der Burgfriedenspolitik seiner Parteiführung hinter den Positionen von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. 1917 trat er der USPD bei und wurde im November 1918 Redakteur der LVZ, 1920 Chefredakteur des »Sozialdemokrat«, Organ der USPD in Stuttgart, später umbenannt in »Kommunist«. Danach war er ab Februar 1921 in Berlin Chefredakteur der »Roten Fahne«. Auf dem Jenaer Parteitag 1921 wurde er zum Mitglied der Zentrale der KPD gewählt.
Aus der Vielzahl der in der Folgezeit ausgeübten Funktionen seien genannt: Mitglied des Sächsischen Landtags und bis 1928 Vorsitzender der KPD-Landtagsfraktion, Mitglied der KPD-Bezirksleitung Westsachsen und im Oktober 1923 Finanzminister in der Regierung Zeigner, die von der Reichswehr abgesetzt wurde. Zeitweilig gehörte er der Führungsspitze der Kommunistischen Internationale an.
Als sich insbesondere angesichts der drohenden faschistischen Gefahr die Kritik an der Parteiführung zuspitzte, war er der führende Kopf der Leipziger innerparteilichen Opposition, die sich gegen taktische Grundsätze ultra-linker Politik, gegen Sektierertum und Einschränkung der Kritik in der Partei wandte, in der Böttcher von Clara Zetkin unterstützt wurde. Bereits 1924 als »führender Rechter« aller Parteifunktionen enthoben, aber weiterhin als Abgeordneter tätig, erfolgte am 4. Januar 1929 sein Parteiausschluss. In dieser Situation wurde Böttcher Mitgründer der KPD-Opposition, deren Reichsleitung er angehörte. Die von ihr betriebene Faschismusanalyse verband sie folgerichtig mit den notwendigen Schlussfolgerungen für die erforderliche Einheits- und Volksfrontpolitik.
Bereits im Februar 1933 war er gezwungen, in die Schweiz zu emigrieren, wo er illegal in Genf lebte, bis er am 12. April 1944 von der dortigen Bundespolizei verhaftet wurde. Im Juli 1945 gelang ihm die Flucht aus dem Gefängnis nach Paris. Von dort kehrte Böttcher im September 1945 nach Berlin zurück, wurde aber noch im Oktober in der Schweiz in Abwesenheit zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt.
Als er im Februar 1946 unter einem Vorwand nach Moskau bestellt wurde, erfolgt nach Ankunft seine Verhaftung. Ohne Gerichtsverfahren wurde er wegen »passiver Spionage« zu zehn Jahren Arbeitslager verurteilt. Schwer erkrankt kehrte er im März 1956 nach Berlin zurück und dann zu seiner Familie in Leipzig. Noch im selben Jahr wurde er dank Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht von der SED rehabilitiert und zum stellvertretenden Chefredakteur der Leipziger Volkszeitung berufen.
In Leipzig wohnte er in der Gottschedstraße, unweit des Geburtshauses Walter Ulbrichts. 1966 erhielt er den Karl-Marx-Orden. Am 17. Februar 1975 verstarb Paul Böttcher. Seine Beisetzung im Ehrenhain des Leipziger Südfriedhofes erfolgte ohne Trauerrede.
Verfasst unter Nutzung von Eckdaten in Theodor Bergmann: Gegen den Strom, Hamburg 2001.
Der Beitrag ist erschienen in Sachsens Linke! im Februar 2020.
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