Aus Anlass des Internationalen Frauentags soll an eine Frau erinnert werden, deren politisches Wirken über Jahrzehnte hinweg im Dienste der Frauenbewegung stand und die heute wohl kaum noch jemand kennt: Martha Arendsee.
Geboren am 29. März 1885 in Berlin als Tochter eines in der sozialdemokratischen Partei, organisierten Schriftsetzers, trat sie nach ihrer kaufmännischen Lehre 1906 der SPD bei. Bereits 1907/1908 war sie Vorsitzende des Frauenbildungsvereins Berlin-Tegel und leitete von 1909 bis 1919 die sozialdemokratische Frauenbewegung in Niederbarnim. Während des Ersten Weltkrieges gehörte sie zu den führenden Kräften der »Niederbarnimer Opposition« und hatte wesentlichen Anteil an der Herausgabe ihres Referentenmaterials, in dem führende Linke die Burgfriedenspolitik des SPD-Parteivorstandes anprangerten. Im März 1915 nahm sie an der von Clara Zetkin initiierten Internationalen Frauenkonferenz in Bern teil und organisierte nach ihrer Rückkehr die Drucklegung und illegale Verbreitung des Manifestes der Konferenz. 1917 erfolgte ihr Übertritt zur USPD, an deren Frauenkonferenz 1919 in Leipzig sie teilnahm. Mit dem Mandat der USPD gehörte sie als Abgeordnete der Preußischen Landesversammlung von 1919 bis 1921 an. Sie erstrebte den Beitritt der USPD-Linken zur KPD, der schließlich von der Mehrheit im Dezember 1920 vollzogen wurde. Mit dem nunmehrigen Mandat der KPD gehörte Martha Arendsee von 1921 bis 1924 dem Preußischen Landtag und von Dezember 1924 bis 1930 dem Reichstag an. Auf vielfältige Weise trat sie in unterschiedlichen Funktionen für die sozialen Interessen der Arbeiterklasse ein, so unter anderem als Reichssekretärin der Arbeitsgemeinschaft sozialpolitischer Organisationen und verantwortliche Redakteurin ihrer Monatszeitschrift »Proletarische Sozialpolitik«.
Von April bis September 1933 war Martha Arendsee in faschistischer Haft im Berliner Frauengefängnis Barnimerstraße. Auf Beschluss der KPD emigrierte sie 1934 in die Sowjetunion, wo sie zunächst in der Roten Gewerkschaftsinternationale tätig war. Von 1941 bis 1945 arbeitete sie als Redakteurin und Sprecherin für die deutschsprachigen Sendungen des Moskauer Rundfunks und am Deutschen Volkssender, dem Sender der KPD. Als einzige Frau war sie Mitbegründer des Nationalkomitee »Freies Deutschland« und bis 1945 dessen Mitglied. Deutsche Kriegsgefangene lernten sie als Gesprächspartnerin kennen. Mit Wilhelm Pieck kehrte sie Anfang Juni 1945 nach Deutschland zurück und wurde als alleinige Frau Mitunterzeichnerin des historischen Aufrufs der KPD vom 11. Juni. Am letzten Parteitag der KPD 1946 und am Vereinigungsparteitag von KPD und SPD nahm sie als Delegierte teil und wurde zum Mitglied des 1. SED-Parteivorstandes gewählt. Nach der Gründung des FDGB leitete sie die Abteilung Sozialpolitik im Bundesvorstand. Schwer erkrankt verstarb Martha Arendsee, die mit zu den politisch aktivsten Frauen in der deutschen Arbeiterbewegung gehört hatte, am 22. Mai 1953 in Berlin.
Der Beitrag ist erschienen in LEIPZIGS NEUE im 2015.
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