Wie ihr Bruder August – er war der wichtigste theoretische Kopf der KPD und danach der KPD (O) – zählte Berta Thalheimer, was oft vergessen worden ist, zu den bekanntesten Persönlichkeiten der deutschen Arbeiterbewegung. Geboren am 17. März 1883 in Affaltrach/Württemberg, gehörte sie zum linken Flügel der SPD und war befreundet mit Rosa Luxemburg, Clara Zetkin und Eva Mehring. Sie arbeitete mit an der von Clara Zetkin redigierten »Gleichheit«, der Frauenzeitschrift der SPD, und an der Göppinger »Freien Volkszeitung«, die ihr Bruder August redigierte, mit dem sie zeitlebens eng verbunden war.
Mit Beginn des Weltkrieges trat sie als leidenschaftliche Gegnerin der Burgfriedenpolitik des Parteivorstandes entgegen und schloss sich frühzeitig der Spartakusgruppe an, als eine deren Vertreterin sie im September 1915 und im April 1916 an den Konferenzen der Kriegsgegner in Zimmerwald und Kienthal teilnahm. Die 1. Spartakuskonferenz im Januar 1916 in Berlin hatte sie organisatorisch vorbereitet. Zusammen mit Lenin trat sie auf den Schweizer Tagungen für die Gründung einer neuen Internationale ein. Sie war Mitglied des ständigen Ausschusses der Zimmerwalder Bewegung und enge Mitarbeiterin von Leo Jogiches. 1917 wurde sie wegen ihrer antimilitaristischen Tätigkeit verhaftet und des Hochverrats in Stuttgart angeklagt. Verurteilt zu 2 Jahren Zuchthaus, verbrachte sie die Haft bis zu ihrer Befreiung durch die Novemberrevolution in Delitzsch.
Berta Thalheimer wurde folgerichtig Mitbegründerin der KPD und des Roten Frauen- und Mädchenbundes. Im Zuge heftigster innerparteilicher Auseinandersetzungen zu Fragen der Strategie und Taktik, ausgelöst durch die ultralinke Offensivtheorie, wurde sie Anfang 1929 aus der KPD ausgeschlossen, woraufhin sie sich der Ende 1928 gegründeten KPD (O) anschloss.
In der Zeit der faschistischen Gewaltherrschaft war sie als Kommunistin und Jüdin stark gefährdet und konnte zunächst nur mit Hilfe der KPD (O) überleben, bevor sie 1941 in einem »Judenhaus« interniert wurde. 1943 erfolgte ihre Deportation nach Theresienstadt, wo sie am 7. Mai 1945 zusammen mit über 35000 Inhaftierten ihre Befreiung durch die Rote Armee erfuhr. Sie kehrte nach Stuttgart zurück und trat der KPD bei, die sie jedoch 1948 wegen Unstimmigkeiten wieder verließ. Danach schloss sie sich der »Gruppe Arbeiterpolitik« (GAP) an, für deren gleichnamige Zeitschrift sie verantwortlich zeichnete.
Ihr Bruder August, um dessen Einreisevisum sie sich vergeblich bemüht hatte, verstarb am 19. September 1948 in Havanna, am 23. April 1959 Berta Thalheimer in Stuttgart.
Verfasst unter Nutzung von Daten in Theodor Bergmann: »Gegen den Strom«.
Der Beitrag ist erschienen in LINKS! im März 2018.
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