Der politische Verrat ist eine Erscheinung in Klassenkämpfen, von denen auch die KPD nicht verschont blieb.
Von Beruf Maurer, trat Werner Kraus 1923 der KPD bei. Bereits 1924 war er Leiter der KJD bzw. der KPD in Lüdenscheid und Mitglied der Stadtverordnetenversammlung. 1929 wurde er Orgleiter des KPD-Bezirks Pommern. Im April 1932 erfolgte seine Wahl als Abgeordneter des Preußischen Landtags und im März 1933 in den Reichstag. Seine herausragende Stellung im Apparat der KPD reflektierte seine Teilnahme an der letzten Tagung der KPD-Führung im Februar 1933 in Ziegenhals.
Im Juli 1933 in einem illegalen Quartier in Königsberg verhaftet, wurde Kraus alsbald ein aktiver V-Mann für die NSDAP in der KPD. Skrupellos denunzierte er mit seinem ehemaligen Orgleiter aus Pommern, Paul Grobis (1894–1943), den er für Dienste in der Gestapo gewonnen hatte, und Helmut Lass (1903-?), dem Leiter der illegalen KPD-Organisation in Danzig, alle ihnen bekannten Kommunisten aus Ostpreußen und Pommern. Ihrem Verrat fielen 170 KPD-Mitglieder zum Opfer. Kraus, der bereits 1933 SA-Sturmführer geworden war, ließ drei illegale Zentralstellen der KPD, der RGO und der Sporteinheit in Berlin auffliegen.
In einem von ihm selbst verfasster Bericht hob er seinen maßgeblichen Anteil an der Liquidierung hervor. Auf Antrag der SA erfolgte die Einstellung der gegen ihn im November 1934 vom Generalstaatsanwalt beim Kammergericht Berlin eröffneten Anklage wegen »Vorbereitung zum Hochverrat«. Nunmehr wurde Kraus Mitglied der NSDAP, hauptamtlich im Referat der SA für Presse und Propaganda tätig. Ab 1937 bekam er einen »Ehrensold« von 300 Mark und für seine vier Kinder 150 Mark Kindergeld. Während des Krieges als Landwehrmann »u. k.« gestellt, war er bei der »Gruppe Ostland der SA« auf einer Planstelle der NSDAP tätig.
Nach 1945 gelang es ihm, seine Vergangenheit zu verschleiern. Er trat keiner Partei bei, lebte und wohnte in Rhumspringe in Niedersachsen. Als Betriebsratsvorsitzender betätigte er se und auf kommunaler Ebene. Obwohl parteilos, wurde er über die Liste der SPD Mitglied im Gemeinderat von Rhumspringe, wo er 1964 verstarb.
Der Beitrag ist erschienen in LEIPZIGS NEUE im Novemer 2014.
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