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Wilhelm Leuschner

Wilhelm Leuschner auf einer Briefmarke der Deutschen Bundespost 1964

Vor 70 Jahren ermordet:
Wilhelm Leuschner

Von Kurt Schneider

Am 15. Juni 1890 in Bayreuth geboren, absolvierte Wilhelm Leuschner in Leipzig, wo seit 1. August 1945 ein zentraler Platz (zuvor: Königsplatz) seinen Namen trägt, die Ausbildung zum Holzbildhauer, die er durch den Besuch der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg im Wintersemester 1909/1910 vervollkommnete. Er trat der SPD bei und war ab 1909 Bezirksleiter des Zentralvereins der Bildhauer Deutschlands. Danach übte er verschiedene gewerkschaftliche Funktionen aus.

Von 1920 bis 1933 als Abgeordneter auf Länder- und Reichsebene tätig, darunter 1921 bis 1924 Minister des Freistaates Braunschweig, machte Leuschner 1931 die Öffentlichkeit mit einem von Naziführern ausgearbeiteten Plan (Boxheimer Dokumente) für einen bewaffneten Umsturz bekannt, der die Einführung von Notverordnungen, Schießbefehlen und Todesstrafen vorsah Damit zog er sich den absoluten Hass der Faschisten zu, der in wiederholten Morddrohungen gipfelte.

Von November 1932 bis Februar 1933 war Leuschner Mitglied des Verwaltungsrates des Internationalen Arbeitsamtes (IAA) in Genf Am 2. Mai 1933 wurde er als stellvertretender Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) verhaftet. Nach seiner Freilassung am 5. Mai 1933 zwang man ihn, Anfang Juni zusammen mit Robert Ley, der der faschistischen Deutschen Arbeitsfront (DAF) vorstand, zur 17. Tagung der IAA nach Genf zu fahren Unter Ausnutzung der Autorität und des internationalen Ansehens Wilhelm Leuschners, sollte die Anerkennung der DAF als Gewerkschaft erreicht werden Während er in der Vollversammlung demonstrativ schwieg, informierte er in den Ausschussberatungen über den faschistischen Terror in Deutschland. Bei seiner Rückkehr nach Deutschland am 23. Juni 1933 verhaftet, wurde er bis zum Juni 1934 in KZs gefangen gehalten Danach wiederum in Berlin lebend, erwarb er eine kleine Fabrik, die er als Anlaufpunkt für die illegale Arbeit nutzte. Er unterhielt zu Mitgliedern der KPD Kontakte und schloss sich dem Kreisauer Kreis um Helmuth Graf von Moltke an. Obwohl er dem konservativen staatspolitischen Konzept Carl Goerdelers kritisch gegenüberstand, war er bereit, nach dem Attentat auf Hitler in Goerdelers Kabinett als Vizekanzler mitzuwirken Nach dem missglückten Attentat wurde Wilhelm Leuschner am 16. August 1944 verhaftet und am 8. September vom »Volksgerichtshof« zum Tode verurteilt. Am 29. September 1944 erfolgte im Zuchthaus Berlin-Plötzensee seine Hinrichtung. Zu seinen letzten Worten gehörte die Mahnung an seine sozialdemokratischen Mitgefangenen: »Schafft die Einheit!«

Der Beitrag ist erschienen in LEIPZIGS NEUE im September 2014.
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