Titel Kalenderblatt
Cover Erika Drees

Band 4 der Reihe der Edition »Zeitgeschichten « Herausgeber: Zeitgeschichte(n) e.V.

Vor 80 Jahren geboren:
Erika Drees

Von Kurt Schneider

Bei der Durchsicht ostdeutscher Biographien stieß ich auf ihren Namen, geboren am 15. September 1935 in Breslau als Tochter des im Zweiten Weltkrieg gefallenen Generals Hans von Winterfeld. Als Breslau, das von Bombenangriffen verschont geblieben war, im Januar 1945 zur mörderischen Festung erklärt wurde, floh sie vermutlich mit ihrer Mutter nach Schleswig-Holstein. Nach dem Abitur studierte sie an der FU in Westberlin Medizin. 1960 übersiedelte sie in die DDR, wo ihr Ehemann eine Anstellung als Psychiater gefunden hatte. Sie selbst fand Arbeit als Ärztin in Bernburg. Ab 1968 begann sie, sich umweltpolitisch zu engagieren, darunter ab Mitte der 70er Jahre gegen den Bau des Atomkraftwerkes in Stendal. 1982 wurde sie Mitglied der kirchlichen Gruppe »Frauen für den Frieden« und war im Netzwerk »Frieden konkret« aktiv.

Sie wurde mehrfach festgenommen und mit Ordnungsstrafen belegt. Am 9. September 1989 gehörte sie zu den Unterzeichnern des Gründungsaufrufes des Neuen Forums. Sie trat für eine grundlegende Demokratisierung der DDR und deren Fortbestehen ein.

1991 wurde sie als Teilnehmerin des Ostermarsches für den Frieden in der Welt schwer verletzt Ihre Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuzes lehnte sie ab aus Protest gegen die Außenpolitik der Bundesrepublik Sie war Mitinitiatorin der Bürgerinitiative »Freie Heide«, die sich gegen das Bombodrom der Bundesluftwaffe im Nordwesten Brandenburgs wendete. 2000 lehnte sie die Auszeichnung mit dem bundesdeutschen Nationalpreis aus Protest gegen die Kriegsbeteiligung der Bundesrepublik ab.

Wegen ihrer Teilnahme am Protest gegen das Atomwaffenlager Büchel am 7. April 2002 wurde Erika Drees am 5. November 2002 zu einer Haftstrafe von sechs Wochen ohne Bewährung verurteilt, da »die Angeklagte« wie es in der Begründung des Urteils hieß, »in fortgeschrittenem Lebensalter und mit ihren Vorstrafen ein schlechtes Vorbild für Kinder und Enkel« sei. Mahnwachen zur Solidarisierung mit ihr fanden in Eisleben und Halle — Orte ihre Inhaftierung — sowie Magdeburg statt.

Am 11. Januar 2009 verstarb die Bürgerrechtlerin.

Der Beitrag ist erschienen in LEIPZIGS NEUE im 2015.
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