Tagelang wurde von den Medien der Streit zwischen der neuen von Syriza gebildeten Regierung Griechenlands und den Vertretern der Europäischen Union um die Gewährung eines weiteren Kredits zur Überwindung der Schuldenkrise vorgeführt. Die Eurogruppe verlangte die Weiterführung des mit der bisherigen Regierung vereinbarten Programms, das an sogenannte »Strukturreformen« gebunden war. Syriza sprach ebenfalls von Reformen. Der Streit wurde als gegenseitiges Nichtverstehen dargestellt. Doch in Wirklichkeit verlangen die Institutionen der EU die Fortführung von Reformen im Interesse des Finanzkapitals und der großen Konzerne. Diese hatten zu extremer Verelendung, Obdachlosigkeit, Massenarbeitslosigkeit, Wegfall der medizinischen Versorgung für 30% der Bevölkerung, starker Erhöhung der Selbstmordrate, Verschleuderung wichtiger Staatseigentümer und Rückgang der Produktion geführt. Syriza dagegen hatte den Wählern versprochen, diesen Abwärtstrend rückgängig zu machen durch Reformen im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung und das Geld für die Rückzahlung der Schulden von den Reichen zu holen. Das ist Klassenkampf auf internationalem Parkett. Doch das soll das Publikum nicht merken. Deshalb versuchten die Medien und manche Politiker der deutschen Regierung, die junge griechische Regierung als inkompetent darzustellen, die erst noch lernen müsse, wie man sich auf internationalem Parkett bewegt. Diese Irreführung wirkt immer weniger. Vielen ist nicht entgangen, wie der deutsche Finanzminister durch seine besonders ablehnende Haltung sich entlarvt hat als konsequenter Vertreter des Finanzkapitals. Und Syriza ist flexibler geworden und findet Wege, um seine Wahlversprechen zu erfüllen. Sie kann zum Zugpferd werden für die europäische oppositionelle Bewegung gegen den unsozialen »Weg aus der Krise«, der bis jetzt nur die Macht der Finanzinstitute, besonders der deutschen, vergrößert hat.
Der Beitrag ist erschienen in LEIPZIGS NEUE, Ausgabe März 2015