Der Winter ist vorbei, der Frühling ist da. Ein verregnetes Wochenende bietet sich da gut an zum Durchsehen der Bilder aus dem Winterurlaub. Man freut sich: »Seht ihr den vielen Schnee? Das Gerede von der Klimaerwärmung ist doch übertrieben – und wir waren nicht in den Alpen.« – »Du Dussel, das ist doch Kunstschnee; hast du nicht gesehen, wie grün die Tannen sind – nur die Piste ist weiß.« – »Ach was, Hauptsache Schnee – egal, ob vom Himmel oder aus der Kanone.« – »Das wird nicht lange so weitergehen, die Winter werden immer wärmer.« – »Na und? Dann starten wir eben noch mehr Kanonen.« – Die funktionieren aber erst ab 2 Grad minus, und wir hatten zuletzt viele Wintertage mit Wärmegraden.« – »Was sollen wir denn dann machen?« – »Umdenken!«
Doch in manchen Gegenden nimmt die Tourismusbranche diese Problematik als »Herausforderung«, um noch mehr Kunstschnee zu produzieren. Im Harz bei Braunlage z. B. wird ein 5000 m² großer »Beschneiungsteich« angelegt, der Wasser für jährlich 80000 m³ Kunstschnee speichern soll. Wälder werden abgeholzt und Wiesen missbraucht für neue Pisten. Außerdem verbrauchen die Schneekanonen viel zusätzliche Energie – doch Wasser und Strom sollen eigentlich gespart werden. Der Ersatz des natürlichen Schnees verstärkt also den Klimawandel, dem die Menschen mit Hilfe des Kunstschnees trotzen wollen. Das ist Irrsinn. Andere Regionen in Mittelgebirgen haben begonnen, Alternativen zum Skifahren zu schaffen. In Thüringen zum Beispiel werden extra Winterwanderwege angelegt. In der Thüringer Rhön, deren kahle Höhen oft von Sturm und Nebel umgeben sind, finden die »Sturm- und Nebelwanderungen« bei den Touristen zunehmenden Anklang. Umdenken ist also nötig – bei den Touristikfirmen und bei den Urlaubern – und die Beine werden wieder dafür benutzt, wofür sie da sind: zum Laufen.
Der Beitrag ist erschienen in LEIPZIGS NEUE, Ausgabe Mai 2015