Ein junger Vater geht mit seinem fünfjährigen Sohn im Supermarkt einkaufen. Vor dem Kühlregal, in dem viele bunte Becher mit Joghurt, Quarkspeisen u.ä. stehen, suchen sie längere Zeit. Der Junge, nennen wir ihn Paul, nimmt einen gelben Becher mit einem lustigen Kindergesicht darauf aus dem Regal.
Der Vater blickt darauf und schüttelt heftig den Kopf. Der Junge zögert, fragt »warum?« Da fährt der Vater ihn an: »Stell’ das sofort zurück! Da stimmt das Preis-Leistungsverhältnis nicht!« Erschrocken stellt Paul den Becher wieder ins Regal. Am nächsten Tag im Kindergarten erhält jedes Kind zum Frühstück einen gelben Becher mit dem gleichen lustigen Kindergesicht. Die Kinder löffeln begeistert den wirklich leckeren Inhalt, nur Paulchen starrt entsetzt auf das Bild des Deckels und schiebt den Becher von sich. Die Kindergärtnerin fragt ihn besorgt, warum er das nicht essen möchte. »Da stimmt das Kreilei nicht,« murmelt der Junge bedrückt. Die Erzieherin möchte wissen, was das denn sei. Da fängt Paulchen an zu weinen und druckst herum: »Ich weiß nicht – was Böses.«
Als abends die Mutter ihr Kind abholt, fragen die Erzieherinnen, wie das Verhalten des Jungen zu erklären sei. Doch die Mutter weiß es auch nicht. Am Abendbrottisch erzählt sie, was sie im Kindergarten erfahren hat und fragt den Vater nach seiner Meinung. Das Kind sitzt ganz verschüchtert dabei und rutscht immer tiefer in seinen Stuhl. Dem Vater fällt zuerst nichts ein, da blickt Paulchen hoch und stottert: »Das war das – im Supermarkt – das Gelbe – mit dem – Gesicht.« Dem Vater fiel der gemeinsame Einkauf ein: »Ja, da hatte Paulchen doch das falsche Leckermäulchen aus dem Regal geholt. Ich hatte ihm genau erklärt, dass da das Preis-Leistungsverhältnis nicht stimmt, doch unser Junge hat das wohl nicht verstanden.«
Der Beitrag ist erschienen in LEIPZIGS NEUE, Ausgabe September 2015