Oft hört man von begeisterten Besuchern der Hauptstadt, hier würden die Uhren anders ticken. Oder, wie der Regierende Meister der Ignoranz, Klaus W., es ausdrückte: Berlin sei arm aber sexy. Dass die amtierende Regentschaft nicht richtig tickt steht ebenso außer Frage, wie die Armut der Stadt. Sexy hingegen wird's immer dann, wenn die Bevölkerung der Obrigkeit mal wieder zeigt, was eine Harke ist. So beim Volksentscheid für oder gegen die Randbebauung des ehemaligen Flughafengeländes Tempelhof. Mit über 64 Prozent straften die Berliner den Senat überzeugend ab, obwohl die Berliner Zeitung noch im März eine Forsa-Umfrage veröffentlichte, nach der die Mehrheit der Bevölkerung sich für eine Randbebauung ausgesprochen haben soll. Die Verantwortlichen, allen voran Wowereit und Stadtentwicklungssenator Müller, zeigten sich zerknirscht, versprachen aber die Umsetzung des Volkswillen. Na herzlichen Dank auch.
Der in Sicherheit durch Recht und Ordnung schwelgende Koalitionspartner CDU in persona des Innensenators Henkel hielt sich vornehm zurück und ließ den verbalen Gummiknüppel stecken. Tempelhof ist nicht Istanbul und der Potsdamer- nicht der Taksim-Platz. Ist es verwunderlich, dass nach der andauernden BER-Pleite, der versuchten Vertuschung der Steueraffäre um den ehemaligen Staatssekretär Schmitz und einer unendlichen Reihe von Pleiten, Pech und Pannen, in einer Stadt, in der schon die fristgerechte Aufstellung eines Laternenmastes als Beleg für termingerechte Stadtentwicklung bejubelt wird, das gemeine Volk den Versprechungen der Regierenden mißtraut? Man glaubt den agierenden Figuren dieses Senats einfach nicht, dass die versprochenen bezahlbaren Mieten am Tempelhofer Feld auch in zehn Jahren noch bezahlbar sind und nicht längst in gewinnträchtige Luxuslofts umgewandelt wurden, wie an so vielen anderen Stellen der Stadt. Der Regierende Bürgermeister befindet sich im freien Fall und macht deshalb genau das, was er sich bei der Kanzlerin abgeschaut hat: nichts. Schließlich will er einigermaßen weich landen und nicht geteert und gefedert vorzeitig aus dem Rathaus gejagt werden. Mal sehen.
Auf dem Katholikentag hat sich nun auch wieder die personifizierte Impertinenz aus dem Schloss Bellevue zu Wort gemeldet. »Wenn uns das Leben in den Schoß fällt, denken wir nicht mehr daran, daß wir es gestalten und verantworten müssen«, gab das Pfäfflein in andächtiger Öffentlichkeit von sich. Der da den Hartz IV-Empfängern eine »grassierende Gleichgültigkeit« attestiert, kann bei einem Jahresgehalt von mehr als 270.000 Euro locker gestalten und verantworten. Der Journalist Joachim Jahnke stellt dann auch in den »Deutschen Wirtschaftsnachrichten« die Frage, auf welchem Planeten dieser Herr Gauck eigentlich lebt. Arm ist er nicht, der Pastor aus Rostock, und sexy? Nun ja, wenn man Möpse mag ...
Anlässlich der jüngst überstandenen sowie der künftig zu erwartenden Wahlen stelle ich hierdurch folgenden Gesetzesentwurf zur Abstimmung: Der Bundestag möge beschließen: ein Gesetz, welches das Aufhängen bunter Plakate, auf denen fratzenhafte Gesichter hohläugiger, dummdreister und feister Marionetten abgebildet und mit völlig sinnfreien Texten untertitelt sind, an Laternen, sonstigen Masten, auf Mittelstreifen, an öffentlichen Straßen und Wegen bei Strafe untersagt. Die Zurschaustellung dieser obszönen und teilweise hetzenden Darstellungen dient einzig der Bewerbung von Produkten, die, entgegen ihrer plakativen Versprechungen, sich als total verlogen herausstellen und binnen Kurzem in Schall und Rauch auflösen. Der Straftatbestand der Volksverhetzung ist damit gegeben.
Begründung: besagte Druckwerke verstoßen nicht nur gegen die guten Sitten, sie leisten zudem der allgemeinen Verblödung Vorschub und richten sich gegen den Erziehungsauftrag, dem die Gesellschaft Kindern und Jugendlichen gegenüber verpflichtet ist. Weiterhin gefährden sie in höchstem Maße die Sicherheit im Straßenverkehr und verschmutzen allein durch ihre Existenz die Umwelt. Zuwiderhandlungen sollten in aller Strenge geahndet werden. Die Einzelheiten regelt das Volk.
*
Dann lasst uns mal alle zur Abstimmung stürmen und die Einzelheiten regeln.
Der Beitrag ist erschienen in LEIPZIGS NEUE, Ausgabe Juni 2014