Aus den Schützengräben

Nichts wird besser, nirgends. Syrien, Irak, Libyen, Gaza, Mali, Ukraine, natürlich Afghanistan: mehr als zwanzig Kriege zählen Forscher derzeit auf dem Planeten Erde, kleinere Scharmützel nicht mitgerechnet. Und es macht den Eindruck, täglich werden es mehr. Auf allen Seiten immer mit dabei ist Kriegsgerät aus deutschen Waffenschmieden. Man kann es nicht oft genug betonen: Es läßt sich prächtig verdienen am Sterben. Was geht Heckler & Koch, KraussMaffei Wegmann und die anderen Fabrikanten des Todes das Elend fremder Menschen an? Genau. Nichts, es geht ihnen buchstäblich am A... vorbei. Alles, was zählt, ist das Goldene Kalb des Profits. Dafür geht man nur allzu gerne über Leichen.

Die Grün/Rote Landesregierung in Baden­Würt­temberg unter dem ehemaligen KBW-Aktivisten (als Ministerpräsident inzwischen selbstverständ­lich geläutert) Winfried Kretschmann lässt sich ihr Sommerfest durch großzügige Zuwendungen der Firma Diehl BGT Defence sponsern. Diehl baut vielfältige Flugkörper­ und Raketensysteme für den sogenannten »wehrtechnischen Bereich« und die Munition dafür gleich mit. Vielleicht handelt es sich ja um ein verspätetes Dankeschön für den Ein­satz der Rot/Grünen Bundesregierung im Kosovo-­Krieg. Mag sein. So feiert sich's prächtig im Mus­terländle.

Der bajuwarische Querschläger Seehofer, Horst, beschwört die Aufrechterhaltung der deutschen Rüstungsexporte und schwingt die Totschlagskeule Arbeitslosigkeit. Der Bayer attackiert die ver­meintliche Umkehr vom Geschäft mit dem Tod durch den Sozialdemokraten Siggi-­Pop Gabriel und wird von diesem, nicht ganz zu Unrecht, als Rumpelstilzchen tituliert. Nun hat der kriegerische Bazi aus München genug hausgemachte Probleme, von denen es abzulenken gilt. So da sind z.B. die Kfz-­Maut des Verkehrsministers Dobrindt und die kriminellen Machenschaften seiner Staatsministerin Haderthauer. Aber dessen ungeachtet, ich bin davon überzeugt, er meint es ernst, der Horst aus dem Land, in dem Weißwurst und Haxen den Ton bestimmen. Nein, das war jetzt keine Anspielung auf den Häftling Ulli H.

Aus der Etappe salbadert sich ein Scharfma­cher, der eine erstaunliche, in diesem unse­ren System indes nur konsequente Karriere aufs Parkett des Offizierskasinos hingelegt hat. Ein im vergangenen Staatsgebilde privilegierter, im neuen dann zum Freiheitskämpfer erster Klasse mutierter Diener des christlichen Herrn. Zeitweilig Vorsitzender einer nach ihm benannten Behörde, die Arges verwaltete. Dann aus dem gut verdienen­den Ruhestand ins grelle Licht der Öffentlichkeit hinein gewählt (»Was für ein Tag!«), und seitdem national wie international das Evangelium der Her­ren verkündend, die ihm seine belehrend­peinlichen Auftritte ermöglichen. Dem großen Vorsitzenden war der Anlass offensichtlich zu popelig, um selbst zur Feder zu greifen. Er überließ es seinem Staats­sekretär David Gill, auf ein Protestschreiben von 67 ostdeutschen Pfarrern zu antworten, die den Gali­onsgockel der Freiheit auf das Vermächtnis der DDR-Friedensbewegung von 1989 hinwiesen, weil ihnen das bellizistische Gequatsche allmählich über die Hutschnur ging. Und der Herr Staatssekretär antwortete, »der evangelische Christ Gauck kann somit nicht erkennen, daß der vom Evangelium gewiesene Weg ausschließlich der Pazifismus sei.« Na Gott sei Dank, wenn das so ist, lasst uns aufbre­chen zu neuen Kreuzzügen, lasst uns Jerusalem erobern und alle umliegenden Länder gleich mit. Mit unseren, den deutschen Waffen.

Ja, ich weiß, dass das unsachlich ist, aber Herr­schaftszeiten, es muss endlich Schluß sein mit den Kriegsherren und ihren willfährigen Knechten, die die üble Botschaft des Todes unters Volk streuen, damit es sich schon mal auf die modernen Schüt­zengräben freuen darf.

Doch diejenigen, die sich mehr oder weniger konsequent gegen diesen Wahnsinn stellen, werden von der gesamten Corona der vom Kriegshand­werk Abhängigen im Bundestag als nicht regie­rungsfähig geschmäht. Es sei aus gegebenem Anlaß an dieser Stelle an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg erinnert und daran, was mit ihnen geschah. Kann man alles nachlesen.

Doch einfachere Gemüter ziehen sowieso den Flachbildschirm vor. Sicher, auch die beiden Staats­sender ARD und ZDF bringen in gewohnt tendenzi­eller Art und Weise bunte Bilder vom kriegsbeding­ten Elend in der Welt. Aber kurz danach kommen schon »Tatort«, »In aller Freundschaft« und »Die Küchenschlacht«. Wohl bekomm’s …

Der Beitrag ist erschienen in LEIPZIGS NEUE, Ausgabe August 2014