Catch 22 …

... bezeichnet in der englischen Sprache ein Dilemma, respektive eine paradoxe Situation. Es ist der Titel eines 1961 erschienen Romans von Joseph Heller über die Absurdität des Krieges und die Dummheit der Militär­-Maschinerie. Wer die Kriege der heutigen Zeit verstehen will (soweit das überhaupt möglich ist), dem seien das Buch und/oder Mike Nichols Verfilmung wärmsten anempfohlen.

Was nun hat das alles mit der schwarz­roten Bundesregierung zu tun (wer ist nur auf die abwegige Idee gekommen, der SPD die Farbe Rot zuzuordnen?), hier in persona des vom ehe­maligen sozialdemokratischen Pop-­Beauftrag­ten zum Vizekanzler dieser Koalition des Grau­ens aufgestiegenen Sigmar Gabriel. Nun weiß man ja, was seit der Bewilligung der Kriegskre­dite vor hundert Jahren von den vollmundigen Versprechen der deutschen Sozialdemokratie zu halten ist. Dennoch, der jetzige Coup des umtriebigen Wirtschaftsministers schlägt seiner Glaubwürdigkeit endgültig die Füße vom Boden weg.

Entgegen der großspurigen Ankündigung, die Exporte der Tod und Elend bringenden Rüstungs­güter dieser Republik zurückzufahren, genehmigt der wackere Patriot mit dem Namen des Erzen­gels (das kann man ihm zwar nicht anlasten, aber nomen est omen) munter drauf los. Man könnte auch sagen: auf Teufel komm raus. Mit dem Füllhorn des Mordhandwerks schüttet er seine Gaben über so vorbildhaft demokratische Länder wie Katar, Saudi­-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Oman, Jordanien und Alge­rien aus, auf daß endlich knallharter Frieden herr­sche in diesen krisengeschüttelten Gegenden. Das wäre doch gelacht, wenn die bundesdeutschen Waffenschmieden nicht Sicherheit und Recht und Ordnung herstellen könnten, mit ihrem Kriegs­gerät, dem wohlerprobten und allseits beliebt und begehrten. Das Pfäfflein da, der Feldprediger aus dem Schloß Bellevue hat es ja schon im voraus bgesegnet, mit Gott für die Gewinne des Vater­lands.

Braucht man auch kein schlechtes Gewissen dabei haben. Der Emir von Katar zum Beispiel, hat erst kürzlich bei seinem Besuch auf die vor­sichtig formulierte Frage der Schwarzen Frau nach Unterstützung des IS schlicht geantwortet: Nö, gar nicht. Na bitte, ein überzeugendes Dementi aus berufenem Mund. Mehr kann man nicht verlangen. Und die paar hundert toten Gast­arbeiter auf den Baustellen der WM­-Stadien im Emirat stehen ja nun wirklich auf einem ganz anderen Blatt. Das sind mehr so innere Angele­genheiten. Auf die hätte der Emir sicher auch eini­ge befriedigende Antworten. Wenn man ihn denn fragen würde. Tut aber keiner. Auch der salba­dernde Herr Gauck nicht, habe die Ehre.

Und auch in den anderen Ländern ist alles gut, jedenfalls im Sinne der Herrschenden. Spätestens dann, wenn die deutschen Exportknaller zum Ein­satz kommen. Es weiß ja nun wirklich keiner, wo so plötzlich und völlig unerwartet der Islamische Staat her­kommt, neben SS, SA und CIA eine der herausra­gendsten Organisationen des Terrors, Raubes und Totschlags. Aber – aufgepasst ihr ungläubigen Leser – Wunder gibt es immer wieder. Auch in unseren gottlosen Zeiten (nun gut, vom Rostocker Kriegshetzer einmal abgesehen). Welch Glück für fast) alle Beteiligten, welche Fügung des Schick­sals, wer immer das auch zu verantworten hat, sind diese vermummten Gotteskrieger mit der schwarzen Fahne und dem schier unerschöpfli­chen finanziellen Hintergrund.

Der Superdemokrat vom Bosporus kann im Rahmen der Kolateralschäden endlich, ohne großes internationales Aufsehen, die lästigen Kur­den samt ihrer PKK platt machen (schönen Gruß von den noch lebenden Armeniern), die deutschen Waffenfirmen machen blendende Geschäfte, Herr Gabriel will ja auch bloß helfen … also, was soll's? Ein Hundsfott, der da an Schlechtes glaubt.

In meiner naiven Erklärungssucht habe ich eines immer noch nicht begriffen. Der IS, so wird in unseren Medien kolportiert, finanziert sich in erster Linie durch den Verkauf von Erdöl. Ich frage mich nun, wer kauft das Zeug eigentlich von diesen Verbrechern? Man munkelt von undurch­sichtigen Kanälen, von Mittelsmänner und so weiter, und so fort. Man weiß es ja nicht. Aber die NSA müßte es doch eigentlich wissen, die hängen doch sonst in allen Handys urbi et orbi.

Doch das alles spielt sich gaaanz weit weg ab, hinter den Bergen mit den sieben Zwergen. Zwi­schen tausend und einer Nacht, nicht bei uns, Gauck bewahre. Bei uns rätselt die Partei eines Möchtegern­-Ministerpräsidenten über das Wort »Unrechts­staat«. Auch schön.

Der Beitrag ist erschienen in LEIPZIGS NEUE, Ausgabe Oktober 2014