Am 7. April lag zu später Abendstunde der Koalitionsvertrag von SPD und den Grünen endlich unterschriftsbereit vor. Es waren lange und harte Wochen der Verhandlungen zwischen den Partnern. Dass die Grünen das Koalitionspapier unterschreiben konnten, bewirkte, dass ihnen die Posten für die 2. Bürgermeisterin und zwei Senatoren großzügig von der SPD zugesprochen wurden. Dafür gaben aus dem alten, reinen SPD-Senat drei Frauen – die 2. Bürgermeisterin, die Justiz- wie die Umweltsenatorin – ihre Ämter ab.
Auf der Grünen-Mitgliederversammlung im April gab es, nach mehrstündiger Diskussion, die Zustimmung mit 70 Prozent zur »grünen Handschrift im Koalitionsvertrag«, auch für die Senatorenriege der Partei. Drei Tage später stimmte auch die SPD auf ihrem Parteitag mit 306 von 309 Stimmen dem Vertrag zu. Am 15. April dann die Wahl von Olaf Scholz für seine zweite Amtszeit als Erster Bürgermeister der Stadt, nun auf fünf Jahre. Außer von SPD und Grünen bekam Scholz drei weitere Stimmen.
Ob die Koalition von SPD und Grünen die fünf Jahre bis zu den Neuwahlen 2020 übersteht, werden wir sehen. Euphorisch sagte die Landesvorsitzende Hamburgs der Grünen Katharina Fegebank: »Wir haben im Koalitionsvertrag mit der SPD vereinbart, wie wir Hamburg in den kommenden fünf Jahren gemeinsam moderner, vielfältiger und grüner machen wollen. Die große Chance unserer Stadt ist ihre Vielfalt, sie gilt es zu nutzen. Eine moderne Metropole bietet Chancen für alle, Platz für Begegnungen und Kultur, freies Durchatmen und moderne Mobilität.«
Dabei haben die 115 Seiten des Koalitionsvertrages einige Stolpersteine. Zu nennen sind die Elbvertiefung – wo ein richterliches Urteil, ob sie kommen kann, aussteht – und Olympia. Hierzu heißt es: »Spiele in Deutschland, dem Land der Energiewende, müssen klimaneutral sein. Sie dürfen nicht zu einer Erhöhung des globalen Treibhauseffektes führen. Gerade weil sie im Hafen stattfinden, werden wir in Vorbereitung der Spiele für eine deutliche Reduktion der Schadstoff-Emissionen im Hamburger Hafen sorgen (Landstrom für Kreuzfahrt- und Containerschiffe, Schiffsdiesel und Abgasfilter für Hafenfähren usw.). Die Luft im Hamburger Hafen soll spätestens zu den Olympischen und Paralympischen Spielen 2024 so sauber sein, dass die europäischen Grenzwerte möglichst eingehalten werden.«
Mit diesen Sätzen wurden die Grünen für Olympia in Hamburg eingebunden.
In der Stadt beginnt langsam der Widerstand gegen »Feuer und Flamme für Olympia 2024«. Dazu die Initiative »nolympia«: Die Befürworter einer Hamburger Olympiabewerbung sprechen von »großen Chancen für die Stadt«, von »bescheidenen Spielen«, einem »Olympia der kurzen Wege«. Eine völlig einseitige Werbe-Maschine läuft, Transparenz wurde versprochen, doch vor allem zu einem Thema wird geschwiegen: Was werden uns Olympische Spiele kosten? Das ist für uns ein Alarmsignal. Die ehemals als »kostenneutral« angepriesene Elbphilharmonie ist für uns eine Mahnung, ganz genau hinzusehen. Wir erinnern daran, dass der Londoner Bevölkerung für die Olympischen Sommerspiele 2012 im Vorfeld Kosten von 2,6 Milliarden Euro verkündet wurden. Am Ende waren es insgesamt 18 Milliarden Euro.
Die Handelskammer und andere Wirtschaftsvertreter wollen mit der Olympia-Bewerbung »Hamburg in der Welt bekannter machen«. Ihr Ziel: Mehr Touristen und vor allem mehr Investoren sollen in die Stadt gelockt werden. Wir sind sehr für ein weltoffenes Hamburg! Aber wir machen uns Sorgen, was noch mehr Investoren mit unserer Stadt anrichten werden. Olympische Spiele, die in Hamburg im und um den Hafen durchgeführt werden sollen, werden mächtigen Druck auf unsere Lebensbedingungen und die Mieten ausüben. Schon heute ist bezahlbarer Wohnraum für viele Menschen in dieser Stadt eine Rarität. Die Gefahr weiterer Privatisierungen von preiswerten städtischen Flächen und Immobilien würde die soziale Spaltung der Stadt verschärfen. Das wollen wir nicht! Nicht absehbar ist, welche Folgen für die Umwelt, das Klima und den Verkehr auf uns zukommen. Umwelt- und Klimaschutz haben für den Senat in den letzten Jahren kaum eine Rolle gespielt, der Haushalt dieser Behörde wurde deutlich gekürzt. Mit klimaneutralen Spielen ist das bislang nicht vereinbar. Die erforderliche Verlagerung der Hafenbetriebe wird nicht nur für uns Steuerzahler teuer. Selbst der Unternehmensverband der Betriebe geht von erheblichen Konflikten zwischen Umwelt- und Naturschutz und der Neuansiedlung der Betriebe auf den Ersatzflächen aus.
Die olympischen Segelwettbewerbe – zur Wahl standen Cuxhaven, Rostock, Travemünde und Kiel – würden in Kiel stattfinden. Im Herbst sollen die Bürger der Hansestadt abstimmen, ob sie die Olympischen Spiele wollen. Erst wenn eine Mehrheit für die Spiele ist, wird sich Hamburg bewerben. Da hat das Ganze bereits einige Millionen Euros an Steuergeldern gekostet.
Der Beitrag ist erschienen in LEIPZIGS NEUE, Ausgabe Mai 2015