Olympischer Wahnsinn

Die Bronzemedaillengewinnerin im Parallelslalom bei den olympischen Winterspielen, Amelie Kober, war an den Start gegangen, obwohl sie am Ellenbogen einen knöchernen Kapselausriss erlitten hatte. So etwas ist sehr schmerzhaft. Dennoch sagt sie im Zeitungsinterview: »Das Rennen hat aber wahnsinnig viel Spaß gemacht, weil der Kurs schön zu fahren war.« In dem Fall steht das Wort »wahnsinnig« vielleicht sogar richtig. In Dutzenden ande­ren Fällen ist der inflationäre Gebrauch von »wahnsinnig« Aus­druck der höchsten Begeisterungs­stufe über die Härte der Kämpfe: »Die Strecke war wahnsinnig schwer«, »Ich musste mich wahn­sinnig schinden«, »Ich habe wahn­sinnig viele Mails mit Glückwün­schen bekommen«. Das alles aus dem Munde der Sportler. Auch die Sportreporter haben im Über­schwang der Begeisterung »wahn­sinnig harte Kämpfe« gesehen.

Sind die Winterspiele wirklich noch S p i e l e mit olympischen Idealen oder vor allem schon nur martiali­sche Kämpfe um die Plätze 1 bis 3?

Friedrich Schiller schreibt in den Briefen »Über die ästhetische Erzie­hung des Menschen«: »Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.«

Schiller kannte eben die wahnsin­nig harten Kämpfe der olympischen Winterspiele noch nicht

Der Beitrag ist erschienen in LEIPZIGS NEUE, Ausgabe März 2014